Klinische Studien

Prof. Roger von Moos, SAKK Vorstandspräsident und Chefarzt
der Onkologie am Kantonsspital Graubünden, erklärt im Video,
wie klinische Studien ablaufen.

 

Klinische Studien mit Lymphomerkrankungen

Klinische Studien mit Lymphomerkrankungen – Informationen für Betroffene

Lymphom → Studie!

Wenn Ihnen Ihre Onkologin / Ihr Onkologe zur Behandlung Ihrer Lymphomerkrankung die Teilnahme an einer Klinischen Studie vorschlägt, ist dies kein schlechtes Zeichen! Es bedeutet, dass derzeit an einer Behandlung Ihres Lymphoms geforscht wird. Dabei kann es um die Verwendung neuer Medikamente oder neuer Kombinationen gehen, oder ob wegen Langzeitfolgen eine bisherige Standardtherapie weggelassen werden kann oder um ein neues Verfahren zur Überwachung des Behandlungserfolges. Diese Art Forschung wird vorgängig durch verschiedene Behörden geprüft. Fortlaufende und strenge Kontrollen sollen die Risiken bei einer Teilnahme möglichst gering halten. Da sich Studien an detaillierte Drehbücher halten müssen, kann es sein, dass vor der definitiven Aufnahme z.B. Ihre Erkrankung im Labor auf bestimmte Eigenschaften hin untersucht werden muss, was in den meisten Fällen das vorgängige Einverständnis der PatientInnen erfordert. Sollte die Studienteilnahme aus formalen Gründen dann doch nicht möglich sein, kann dies von einigen PatientInnen als Enttäuschung wahrgenommen werden. Hier ist, einmal mehr, der gute und offene Austausch zwischen Arzt und Patient gefragt! Der Vorschlag einer Studie erfolgt notwendigerweise oft zeitgleich mit der Diagnose eines Lymphoms oder der Feststellung eines Rückfalls, was einfühlsam zu einer Überforderung führen kann.

Hürden für die klinische Forschung

Von den jährlich 40‘000 neuen Krebserkrankungen machen Lymphome nur 5 % (1‘700 Fälle) aus. Aus Beiträgen in dieser Zeitschrift oder früheren Vorträgen an Patientensymposien dürfte es den Interessierten sehr wohl bekannt sein, dass es fast 100 verschiedene Lymphomerkrankungen gibt, deren Behandlung sich wesentlich unterscheiden kann. In der Schweiz erhalten pro Jahr ~250 Personen die Diagnose eines Hodgkin-Lymphoms, ~80 die eines Mantelzell-Lymphoms und nur durchschnittlich 20 Personen die eines primären Hirnlymphoms.
Die zuvor geschilderte Überforderung der Betroffenen kann sich negativ auf die Rekrutierung auswirken. Zusammen mit der Seltenheit der Lymphome und der Zersiedlung der Medizin bei weitverbreiterter Ablehnung von Zentralisierungsbestrebungen wird die klinische Forschung in unserem Land nicht nur in der Onkologie leider zu einer grossen Herausforderung. Kanadische Krebs-Patientinnen haben Empfehlungen formuliert, um die Teilnahme an klinischen Studien zu verbessern (Jones, J Cancer Educ 2006). Diese umfassen vordringlich die Forderung nach gut zugänglicher Information zu klinischen Studien in verschiedenen Formaten und verständlicher Sprache. Die Information sollte z. B. in einfach auffindbaren Listen auf der Website der Spitäler abrufbar sein. Ein kritischer Blick auf die Websites der drei deutschsprachigen Universitätsspitäler und der wichtigsten Kantonsspitäler der Schweiz zeigt, dass Sie mit wenigen Clicks laufende klinische Studien finden werden. Die Information ist allerdings nur in Ausnahmen auf Deutsch und in einer für Laien verfassten Sprache erstellt. Oft scheint es oder ist gar explizit so auf den Websites deklariert, dass sich die Information an ÄrztInnen richtet. Dies würde den Schluss zulassen, dass Zuweisungen wegen angebotenen Studien erfolgen, was nicht der Schweizer Realität entspricht. Vielmehr machen sich hier, durchaus positiv, Zertifizierungsauflagen bemerkbar. Dass die Studienlisten auch für das eigentliche Zielpublikum, nämlich die PatientInnen zur Verfügung gestellt werden sollten, erfordert ein weiteres Umdenken seitens der Ärzteschaft.

Informationen zu laufenden klinischen Studien
Lobenswert übersichtlich und mit verständlichen Zusammenfassungen versehen kann den LeserInnen die Website der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Klinische Krebsforschung SAKK empfohlen werden. Unter diesem Link sind die derzeit laufenden Studien der mit Abstand national wichtigsten Organisation für klinische Krebsforschung aufgeführt. Die Information ist in Deutsch, Französisch und Englisch verfügbar, und richtet sich gleichermassen an Betroffene und Fachpersonen. Es ist auch ersichtlich, an welchen Schweizer Spitälern die einzelnen Studien angeboten werden. Derzeit haben wir 2 Studien für bisher unbehandelte PatientInnen mit follikulären Lymphomen, eine Studie für PatientInnen mit Rückfällen eines Mantelzell-Lymphoms, eine Studie für die Erstbehandlung des fortgeschrittenen Hodgkin-Lymphoms und des primär mediastinalen Lymphoms. Ab Frühjahr 2018 werden Studien zur Ersttherapie des Burkitt- und Mantelzell-Lymphoms, und für Lymphome im zentralen Nervensystem zur Verfügung stehen. Einige dieser Studien sind international, d.h. werden in Zusammenarbeit mit Gruppen im Ausland durchgeführt. So ist z. B. die Zusammenarbeit mit der Deutschen Hodgkin-Gruppe seit Jahren etabliert.

Eine sehr aktive internationale Studiengruppe unter Führung der Tessiner Kollegen ist die „International Extranodal Lymphoma Study Group“, kurz IELSG. Sie hat sich seit Jahren der Erforschung von vergleichsweise seltenen Lymphomerkrankungen wie z. B. dem primären Hirnlymphom oder den Marginalzonen-Lymphomen gewidmet. Informationen, leider nur auf Englisch, finden sich hier.

Studiengruppe im benachbarten Ausland umfassen z. B. das „Kompetenznetz Maligne Lymphome“ in Deutschland, und „Lysa“ in Frankreich. Wie bei der SAKK richtet sich die Information an Betroffene und Fachpersonen. Es dürfte für einen Laien aber relativ schwierig sein, sich einen Überblick zu verschaffen um z. B. zu sehen, welche Studien offen, und welche schon keine neuen PatientInnen mehr zulassen.

Die bisher genannten Studiengruppen sind akademisch, d.h. die Idee dazu stammt von und wird unter der Leitung von ÄrztInnen an Spitälern durchgeführt. Daneben führt aber auch die Pharmaindustrie klinische Lymphom-Studien in Zusammenarbeit mit einzelnen Spitälern durch. Informationen hiezu finden die LeserInnen auf den Websites der einzelnen Spitäler.


PD Dr. med. Urban Novak
Med. Beirat

Aktualisierte Version beim Portal für klinische Versuche in der Schweiz (SNCTP)

Die neue Version erlaubt unter anderem in der Schweiz laufende Studien nach Krankheitskategorien zu durchsuchen sowie nach seltenen Krankheiten zu filtern

https://www.kofam.ch

Weitere Informationen als pdf hier >

Entscheidungshilfe für die Teilnahme an einer klinischen Studie

Wie kann ich die richtige klinische Studie für mich finden?

Falls Sie in Erwägung ziehen, sich als Patient für eine klinische Studie zu melden, ist der erste und einfachste Schritt, Ihren Onkologen zu fragen. Er ist mit Ihrer Krankheit vertraut und kann beurteilen, ob Sie die klinischen Voraussetzungen für eine Teilnahme an entsprechenden Studien in lokalen Krankenhäusern, Forschungszentren und Universitäten mitbringen.

Register für klinische Studien?

Wenn Sie in einem Studienregister eine klinische Studie finden, bei der Sie an einer Teilnahme interessiert sind, ist es am besten, Sie sprechen mit Ihrem Arzt. Drucken Sie alle im Register verfügbaren Informationen aus und bringen Sie diese zum Arztgespräch mit. Aufgrund der Studien-Ein- bzw. Ausschlusskriterien wird Ihr Arzt abklären, ob Sie für diese Studie geeignet sind. Denken Sie daran, Sie brauchen die Überweisung eines Arztes, um sich registrieren zu können.

Mein Arzt rät mir, an einer klinischen Studie teilzunehmen. Was nun?

Falls eine klinische Studie für Sie eine gute Option darstellt, werden Sie von Ihrem Arzt diesbezüglich informiert. Sollten Sie sich für eine Teilnahme entscheiden, müssen Sie den gesamten Vorgang der Patienteneinwilligung durchlaufen, bevor Sie Ihre endgültige Entscheidung treffen. Auch wenn dies eine zeitaufwändige Phase sein kann, ist es von entscheidender Bedeutung, dass Sie vollständig verstehen, was Sie unterschreiben.

Neben den wichtigsten Aspekten – welche Vorteile und potentiellen Risiken von einer Studie zu erwarten sind – sollten Sie auch die Logistik rund um die klinischen Studie bedenken. Es kann sein, dass Sie lange Fahrten zum Studienzentrum für Untersuchungen oder einen Krankenhausaufenthalt auf sich nehmen müssen.

Welche Fragen sollte ich klären, bevor ich an einer klinischen Studie teilnehme?

Unten finden Sie eine Liste von Fragen, die Sie sich ausdrucken und zum Informationstreffen mit dem Forschungsteam mitnehmen können.

Machen Sie sich vorab Notizen, was Sie fragen möchten, und bringen Sie nach Möglichkeit einen Freund oder ein Familienmitglied mit. Notieren Sie sich alle Antworten und fragen Sie den Studienarzt, ob Sie die Unterhaltung aufzeichnen dürfen. Stellen Sie Fragen zu allem, was Sie beschäftigt. Bevor Sie sich dazu entscheiden, an einer klinischen Studie teilzunehmen, ist es unerlässlich, dass Sie Inhalt und Ablauf der klinischen Studie verstehen.

Fragenkatalog zur Teilnahme an einer klinischen Studie

  • Warum führen Sie diese Studie durch?
  • Wer finanziert diese Studie?
  • Wer hat die Studie geprüft und zugelassen?
  • Wie lange wird die Studie dauern? Wie lange werde ich in der Studie sein müssen?
  • Welchen Arten von Therapien, Verfahren und/oder Untersuchungen muss ich mich während der Studie unterziehen?
  • Wurde dieses Medikament/Medizinprodukt/diese Behandlung bereits zuvor an Menschen getestet?
  • Was kann ich tun anstatt an dieser Studie teilzunehmen? Welche anderen Optionen habe ich?
  • Was sind die potentiellen Vorteile für mich – kurzfristig und langfristig gesehen?
  • Welche Risiken können für mich auftreten – kurzfristig und langfristig gesehen?
  • Wird mich die Teilnahme an der Studie etwas kosten?
  • Wo werde ich medizinisch versorgt?
  • Kann ich mit anderen Studien-Teilnehmern sprechen?
  • Werde ich während der klinischen Studie meine gewöhnlichen Medikamente einnehmen können?
  • Wie könnte sich die Teilnahme an dieser Studie auf mein tägliches Leben auswirken?
  • Wird die Behandlung am Ende der Studie beendet, auch wenn sie sich als nutzbringend erwiesen hat?
  • Was passiert mit den Informationen, die ich Ihnen gebe, oder mit anderen Informationen, die Sie über mich erlangen?
  • Werden Sie meine Informationen mit anderen teilen, die nicht Teil des Studienteams sind?
  • Wer wird wissen, dass ich an der Studie teilnehme?
  • Werde ich meine eigenen Studienergebnisse erfahren?
  • Werden mir die Ergebnisse der gesamten Studie zugesendet?
  • Wer wird für meine Betreuung verantwortlich sein?
  • Wen kann ich im Notfall anrufen oder wenn ich Fragen habe?
  • Was ist, wenn ich meine Teilnahme an der Forschungsstudie beenden möchte? Wird mir dann etwas Schlimmes passieren?
  • Muss ich ins Krankenhaus? Wie lange?
  • Sollte mein Hausarzt wissen, dass ich an der Studie teilnehme?
  • Erhalte ich eine Aufwandsentschädigung für die Zeit und Mühe, die ich aufbringe, um an der Studie teilzunehmen. Wenn je, wie viel? Wie oft?
  • Wer wird zahlen, wenn ich während der Studie verletzt werde? Gibt es eine Versicherung, welche diese möglichen Kosten abdeckt?

Aufbau eines europäischen Mantelzell-Lymphom-Registers

Die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für klinische Krebsforschung (SAKK) informiert über den Aufbau eines europäischen Registers EMCL-Registry, da aufgrund der Seltenheit des Mantelzell-Lymphoms Fortschritte in der Forschung nur mit internationalen Kooperationen erzielt werden können. 

Optimierungsstudie des diffusen, grosszelligen B-Zell-Lymphoms  (SAKK 38/19)

Informationen zur Studie finden Sie auf der Website der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für klinische Krebsforschung (SAKK)

Phase-I-Studie SAKK 69/17 für Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenen bösartige Tumoren oder Non-Hodgkin-Lymphomen

Mit dieser Phase I - Studie möchten die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für klinische Krebsforschung (SAKK) die Verträglichkeit und Sicherheit das Studienmedikament BAY1895344 bei Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenen Krebserkrankungen (solide bösartige Tumore oder Non-Hodgkin-Lymphome) untersuchen.